Samstag, 25. September 2010

Sonntag 12.Juli Tag 4, 10 Km


Estella

Morgens in Lorca
Estella, mein persönliches „Waterloo“, eigentlich die Etappe Lorca – Estella, denn dies war mein Weg der Erkenntnis und diese kam in der kleinen verlassenen Kapelle hinter Villatuerta neben dem verwilderten Rastplatz. Als wir am Morgen Lorca verließen war es bewölkt und etwas frisch, was ein gutes vorankommen versprach, doch meine Knochen schmerzten, so ging es mal wieder recht langsam voran und ich ertappte mich immer öfter, den Sinn dieses Unternehmens zu erfragen, wir könnten entspannt am Strand der Biskaya liegen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen und dieses Fiasko in Sarria auf den letzten hundert Kilometer fortsetzen. Das erste Mal auch das ich mich ernsthaft fragte:

„warum krabbele ich hier in Nordspanien rum und suche den Jacobsweg“

Ort der Zuversicht

eine Frage die ich mir im Laufe des Weges noch öfter stellen werde, nur die Ursache wird sich im Laufe des Weges ändern. Erst einmal tun mir die Knochen weh. Wir kriechen im Schneckentempo, werden laufend von anderen überholt, Caro schafft das leicht doch ich stecke in einer Krise.









Ort der Kraft
Der Weg führte uns durch Weinberge und am Ortsanfang von Villatuerta entschlossen wir uns erst einmal zu frühstücken, wir hatten keine Eile, kontrollierten unseren Wasservorrat und machten uns wieder auf den Weg, weiter durch den Ort überquerten wir den Fluss Iranzu über die schöne romanische Brücke, vorbei an der Pfarrkirche die „unserer Heiligen Jungfrau der Auferstehung“ gewidmet ist, ich machte wieder einmal halt, sah lange hinüber zum Portal und schwenkte nach links. So gingen wir hinüber zur Kirche, wo ich eine Kerze anzündete, auf die Frage für wen ich denn die Kerze anzündete sagte ich, “für den Weg“ , für den Weg der uns aufgenommen hat, für einen Weg von dem wir nicht einmal wissen wo er uns hinführt, und der uns dermaßen martert. Danach ließen wir uns noch den Credencial Stempeln und Caro meinte, ob uns denn der Platz noch reicht bis Santiago, worauf ich antwortet das dies alleine in Gottes Hand lieg. So „gestärkt“ ging es weiter und wir schafften es tatsächlich bis zum dem verwilderten Rastplatz hinter dem Ort wo wir eine verlassene Kapelle sahen. Wir gingen hinüber und entdeckten eine Tür die ins Innere führt, wo wir uns auch niederließen und jeder seinen Gedanken nachhängen konnte, Caro schrieb unsere Namen auf einen Stein und legte ihn auf den Steinalter zu den anderen „Opfergaben“ die die Pilger dem Weg brachten und wir entschlossen uns an diesem Tag nur bis Estella zu gehen, es war Sonntag und wir hatten es uns verdient. So gingen wir die restlichen 5 Km nach Estella an und auf der Straße in den Ort hinein merkten wir wie das laufen besser wurde, kurz flammte der Gedanke ans Weitergehen auf, doch er bekam an diesem Tag keine Chance. Als Herberge hatten wir uns die Albergue Anfas ausgesucht alleine schon wegen der „Mitarbeit beeinträchtigter Menschen“ war für mich klar, eine Übernachtung in Estella konnte nur zu dieser Herberge führen und zu meinem Erstaunen waren wir schon um halb eins da was bedeuten musste, da wir erst um viertel nach elf losgingen sind, das wir die 5 Km in ein und einer viertel Stunde gegangen sind, für andere nicht, aber für uns war das eine Leistung.






Opfergabe für den Weg
Caro im Koma
Es wurde ein geruhsamer Nachmittag, mit Wäschewaschen, Schlafen, Internet und Cola aus der Dose, Essen hatten wir auch noch, so gab es Reste vom Vortag. Für unserer Belustigung war auch gesorgt, denn gegen zwei Uhr tauchte eine Familie auf in der die Frau eindeutig „den Weg bestimmte“, eine deutsche Familie, aus Schwaben, sie meinte laut in den Schlafsaal erzählend das ihr Mann sehr viel und laut schnarche und es wohl die anderen stören würde und man sich in Anbetracht des Schlafsaales eher nach einem Hostal umsehen wolle, unbeeindruckt von den Überlegungen der Pilgerin stand der Hospitalero da, denn er verstand kein Wort, was ihm in diesem Falle einiges erleichterte, es war auch nur die Frau zu sehen, ich rief hinüber das sie sich darum keinen Kopf zu machen bräuchte, denn es würden wohl noch mehrere Nachts zu schnarchen beginnen, doch sie ließ den Einwand nicht gelten und rauschte wieder ab.


Zwei Stunden später und um einiges erschöpfter stand sie mit ihrer Familie wieder im Schlafsaal und ließ sich die Betten zuweisen, ihren schnarchenden Mann verbann sie am Abend in den Aufenthaltsraum der Herberge wo er in Ruhe schnarchen konnte, so frage ich mich wer denn wohl in der Nacht im Schlafsaal geschnarcht hat, wenn nicht ihr Mann, aber das geschnarsche aus ihrer Richtung kam?



Blick aus dem Küchenfenster
 Wir sahen uns noch unsere Etappe für morgen an und in Anbetracht der 24 Km und der letzten 12 Km ohne Schatten und als "erste Rennstrecke" berüchtigt packten wir unseren Rucksack schon am Abend um morgens zeitig loszukommen. Morgens fanden wir uns mit fünf anderen Pilgern in der Küche Wieder um nicht im Schlafsaal zu stören.